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Schon während der Fertigstellung unseres ATM-Erstlings, des 8"-Reisedobsons wurden wir größenwahnsinnig und begannen zu träumen: Wäre das nicht toll, wenn das Autoguiding endlich funktionierte und man mit einem hinreichend großen Dobson den Himmel genießen könnte, während die Montierung autonom vor sich hin tickert? Allerdings müßte der Dobson noch so klein sein, daß er mit dem ganzen anderen Geraffel ins Auto paßt... mit Blick auf Martins Selbstschliff-12-Zöller entschieden wir uns, ein Gerät dieser Größe zu bauen.
Gerade zu dieser Zeit aber begannen die Taiwan-Dobsons so richtig billig zu werden und so wurde der Plan gefaßt, einen GSO 1080 (Ausstellungsstück, ziemlich günstig) zu kaufen, das Blechrohr wegzuwerfen und mit den anderen Teilen einen schönen Gitterrohrdobson zu bauen.
Mit der Wiederverwendung der ganzen Einzelteile sollte das in nicht allzu langer Zeit machbar sein und immer noch deutlich kompakter und leichter werden als diverse andere GSO-Umbauten, die wir im Netz so gesehen hatten. Das dachten wir und hielten es für eine tolle Idee. Nach dem Kauf des GSO der erste Schreck: Mann, was für ein Oschi! Mit Umklappen der Rückbank ging der Tubus gerade so diagonal in den Golf rein, mit der Rockerbox daneben (Durchmesser der Bodenplatte 63cm!) war das Auto weitgehend voll. Beim ersten Optiktest gab es gleich den nächsten Schreck: Gar keine schönen Beugungsringe! Allerdings war der Tubus einen Sommertag lang im Auto gelegen, also erstmal richtig abkühlen lassen. Bei halbwegs temperiertem Spiegel machte der GSO dann sehr schöne Bilder. Die Optik war also OK, die Mechanik aber überhaupt nicht. Während das Federsystem in Elevation nur gewöhnungsbedürftig war, war das Rollenlager in Azimut ein absoluter Mist. Locker eingestellt verschob sich der Tubus mit jedem Atemzug, stramm eingestellt wurde die Nachführung hoppelig, mit jeweils einer Rastung vor und hinter dem Objekt. Der Umbau war also Pflicht.
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Bei genauerem Hinsehen und nach etwas Nachdenken wurde die Liste der wiederzuverwendenden Teile immer kürzer. Fangspiegelhalter und Fangspiegelspinne waren für unsere Konstruktion nicht brauchbar und flogen raus. Der Original-OAZ war eigentlich gar nicht mal schlecht, aber wir wollten dann doch wieder einen Kineoptics haben. Schließlich blieben vom GSO noch der Haupt- und der Fangspiegel, die Spiegelzelle sowie der 8x50-Sucher übrig. Ansonsten sollte der Umbau eher konventionell gestaltet werden, ohne exotische Materialien und nicht auf extremen Leichtbau getrimmt, aber eben auch kein Schwergewicht. Dank f/5 und einem sauschweren Hauptspiegel sollte es diesmal keine Gleichgewichtsprobleme geben. |
Allerdings konnten wir uns ein paar Spinnereien doch nicht verkneifen: Wir wollten eine seitliche Spiegelbelüftung einbauen und in den Hut sollte ein Filterschieber. Letzterer aber machte und ganz schön zu schaffen und sorgte hauptsächlich dafür, daß der Bau sich über 21 Monate hinzog: durch den Schieber mußte der OAZ nach außen wandern, was wieder Probleme mit der Versenkbarkeit in der Spiegelbox ergab. Außerdem: Wie den Schieber lagern und arretieren? Die Lösung dieser Probleme zog sich hin und der GSO-Umbau rutschte auf der Prioritätenliste eine Weile ganz nach hinten. Aber punktgenau zum ITV 2006 (zu dem wir dann gar nicht fuhren) war der Bau dann endlich abgeschlossen. Nachfolgend ein paar Details:
Der Hut ist ein konventionelles Zweiringdesign aus Flugzeugsperrholz, 9mm-Multiplexringen und einer Menge Löchern. Zwei Sucher sind im Einsatz, der originale 8x50 ist mit seinem Schuh via Alu-Winkelblech am oberen Ring festgemacht und daneben sitzt noch ein Leuchtpunktsucher, die Befestigung exakt wie beim Reisedobson. Die Spinne wieder wie bei den 7-Zoll-Zwillingen, der Fangspiegelhalter wurde mit viel Aufwand in der Sternwarte gedreht und gefräst (siehe hier und hier). | |
Aus dem Filterschieber wurde irgendwann ein Filterrad, recht günstig und einfach gefertigt von Schaeffer in Berlin. Die Lagerung wurde aus einer alten Festplatte geplündert, die Arretierung funktioniert via M3-Schrauben im Rad und kleinen Magneten (aus derselben Festplatte) im OAZ-Brett. Die Streulichtblenden wurden aus einer Isomatte geschnitten und werden mit Klett am Hut festgemacht. | |
Die eloxierten 22mm-Alustangen stammen von Dieter Martini und hatten bei Lieferung nicht eine rechtwinklige Kante. Barend-Überzüge aus Moosgummi sorgen für guten Grip und ein kuscheliges Gefühl beim Nachdobsen. Die Befestigung am Hut geht über geschlitzte Winkelbleche und Fahrradschnellspanner. Unten werden die Stangen in konventionellen Blöcken aus 30mm Buche-Multiplex ebenfalls mit Schnellspannern geklemmt. | |
Die Spiegelbox ist ein 08/15-Design, das ursprünglich von Stathis' Reise-Archimedes stammt. Seiten und Boden sind aus 9mm Multiplex, die Box ist vorne im 30-Grad-Winkel abgeschrägt (würde ich so nicht mehr machen, 45 Grad tun es genauso und sind viel weniger Geschäft). Die Grundplatte hat einen runden Ausschnitt zur Belüftung und Justage, die Spiegelauflage besteht aus 15x15x2mm Quadratprofilen. An der Rückwand sind zwei Öffnungen für 90mm-PC-Lüfter ausgeschnitten, die über einen Akku in zwei Geschwindigkeiten betrieben werden können. Die 500mm-Höhenräder stammen auch von Dieter Martini und sind von guter Qualität, sie mußten nur noch abgeschliffen und lackiert werden. | |
Die Rockerbox wurde von unserem Reisedobson hochskaliert, aber diesmal ohne Mittelschraube. Der Boden in Sandwichbauweise hat einen runden Ausschnitt, die Rockerbox dreht sich um drei Kugellager im Bodendreieck. Das Bodendreieck war ursprüglich aus 6mm Multiplex, mußte aber nach einer Beschädigung mit Flugzeugsperrholz umleimt werden. Der Boden der Rockerbox erwies sich als nicht steif genug gegen Torsion, ein eingeleimtes 6mm-Brett half und dient jetzt auch als Auflage für die Spiegelbox beim Transport. | |
Zum Transport verschwindet der Hut millimetergenau in der Spiegelbox (siehe hier), die wiederum mit den Blenden in der Rockerbox Platz findet. Die Höhenräder werden auf den Deckel der Spiegelbox aufgeschraubt. Batteriekasten, Filterrad und Sucher wandern in den Okularkoffer. Die Stangen finden Platz in einer extrem praktischen und ebenso preiswerten Stangentasche. Die Kiste als solche ist noch gut zu tragen, wenn ich aber einmal einen größeren Dobson baue, werden richtige Tragegriffe Pflicht. Insgesamt wiegt unser GSO-Umbau 19,5kg mit allem Geraffel (ohne Okular). Kein Superleichtgewicht, aber Welten besser als der originale GSO. Das Gewicht wurde halbiert und mit einem Packmaß von 45 x 44 x ca.35 cm hat er in etwa Bierkastenformat, er paßt zusammen mit zwei Montierungen in den Golf-Kofferraum. |
Fazit: Unser GSO 1080bis ist recht gut geworden, wenn auch nicht vergleichbar mit den Edelteilen von Harry. Die Optik ist wirklich gut und der Einbau eines Filterrades war die beste Idee bei der ganzen Aktion. Die Mechanik ist OK, manches funktioniert nicht ganz so toll, wie wir uns das vorher erhofft hatten, wie zum Beispiel die Stangenbefestigung am Hut; aber egal, der Dobson funktioniert und macht schöne Bilder. Ob die Lüfter am Hauptspiegel jetzt wirklich so viel bringen, wissen wir nicht, aber das leise Surren beim Spechteln ist enorm beruhigend.
Insgesamt war der Umbau des GSO-Dobsons eine ziemlich zähe Angelegenheit. Wir würden das nicht wieder machen. Wenn man nicht selber schleifen will, besorgt man sich einfach einen Spiegelsatz und einen OAZ und baut den Rest gleich selber, dann konstruiert man auch nicht lange irgendwelche Kompromisse, um halbgute Fertigteile zu integrieren. Zusammen mit unseren Sonderwünschen war das so ärgerlich, daß wir eine Zeit lang vollkommen die Lust verloren. Ich habe den 12-Zöller am Ende in erster Linie deshalb mit Hochdruck fertiggebaut, damit wir die Kiste im Keller verräumen können und die losen Einzelteile nicht mehr in der Wohnung rumfahren. Aber jetzt, wo der GSO fertig ist, sieht alles anders aus. Mit diesem Gerät haben wir den Spaß an der visuellen Beobachtung wiedergefunden. Man ist versucht, die Fotographiererei einfach hintenan zu stellen und stattdessen nach schwachen Planetaries zu suchen (begleitet vom Klack-Klack des Filterrads) oder Galaxienhaufen abzugrasen. Da hat sich der ganze Aufwand am Ende doch gelohnt.
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