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Großglockner Dobsonfest August 2000

Der Artikel erschien in Herbst 2000 in der Magellan. Dieses Erlebnis war mit ein Auslöser der zum Bau des 24" Kyklopas führte.

Ich hatte gerade die schöne Balkenspirale NGC 7479 im Pegasus im 9 mm Nagler und versuchte die zarten Spiralarme zu verfolgen, die von dem deutlich durchgezeichneten Balken ausgingen, da kommt Rafael von hinten: "es gibt noch 'ne einfach zu findende Galaxie direkt da drüben" ... und schon griff er meinen Aristarchos und hatte sie gleich im Okular. "Wie heißt die?" - "Weiß ich nicht".


DSSII Bild von NGC 7814 im Sternbild Pegasus. Süden ist oben. Klick auf's Bild für eine höhere Auflösung
Also wieder die Uranometria bemüht, 2,5 Grad nordwestlich von Gamma Pegasi: Aha, NGC 7814! Inzwischen war sie natürlich rausgewandert, da ich ja immer noch kein Robotic Dobson habe, also neu einstellen. Irgendwie sah die aber anders aus: viel größer und heller und stärker elongiert. Also 7 mm Nagler rein und ... was ist das: Ein Staubband schwarz wie die Nacht mitten durch die ganze Linse maximal 8 Bogensekunden dick und wie mit Rasierklinge und Lineal geschnitten (siehe DSSII Bild). Rafaels Fuzzy war NGC 14 auf halber Stecke dazwischen.

Wir standen zwei Nächte auf der Edelweißspitz am Großglocknerpass 2.570 m hoch. Zu unseren Füßen zwei 3,75 Meter lange 30- Zöller von Rafael und Ehrhard, Volker mit seinem 20 Zoll Obsession, Klaus mit seinem ganz neu fertig gewordenem 9 Zoll Bino und ich mit dem treuen 17,5 Zoll Aristarchos. Über uns der blanke Weltraum.

Die erste Nacht war gnadenlos transparent, die Milchstraße wild zerklüftet bis zum Skorpion und Schützen runter, die Gasnebel im Schützen und Abell Planetaries hatte ich noch nie zuvor so detailreich gesehen. Logisch, bisher hatte ich einen ähnlich guten Himmel nur auf dem Olymp, auf Kreta oder in Namibia und da waren kleinere Reisedobsons im Einsatz. Die Litfasssäule vom Rafael zeigte den Helix Nebel fast formatfüllend und tierisch hell. Die Höhenbewegung etwas bockig (die Beschichtung war bis auf dem Zahnfleisch verschlissen und er war wohl zu faul, sie zu erneuern), aber ansonsten ein herrliches Gerät. Der andere 30"-er mit Binokularansatz ist auch noch schön anzuschauen. In Klausen's Bino schwebte die Pfannkuchengalaxie NGC 5907 im Drachen mit 3-D Effekt. Jetzt auch für kleine Köpfe!!! und dann auch noch genial einfach zentrierbar durch seitliches Verschieben des Hauptspiegels mit Radiodrehknopf. Endlich kann auch ein Stathis mit 57 mm Augenabstand beidäugig gucken. Volker's Obsession war eindeutig am besten zu bewegen, echt "butterly smooth". Doch so toll diese riesen Teleskope auch waren, gegenüber meiner ollen Scherbe konnten sie nicht ganz so richtig überzeugen. Alles etwas größer und heller okay, aber nicht mehr Kontrast bei großflächigen lichtschwachen Planetaries und vor allem auch Seeing anfälliger bei kleinen Galaxiechen. Die Luft war sehr unruhig.

Dann kam die zweite Nacht: genau so gnadenlos transparent und gutes Seeing! Der Kugelhaufen M22 in Ehrhard's 30"-er ein wahres Feuerwerk, bis zum Kern aufgelöst. Stephan's Quintett bei 350- fach der nackte Wahnsinn! Sogar die sechste Galaxie NGC 7320C mit 15,5 mag als kleiner diffuser Blob mit sternförmigen Kern sicher im indirekten sehen. Der Hantelnebel bei 250- fach ohne Filter zieht dir in 3,50 Höhe dann endgültig die Schuhe aus: Knoten und Strukturen, Getuhe und Gemache. Was lernen wir daraus? Ein 30 Zöller braucht ruhige Luft, dann gilt der erste Hauptsatz der Astronomie: Öffnung lässt sich immer nur durch noch mehr Öffnung ersetzen!

Gut, mein bescheidenes "Kleinteleskop" lief zu auch zu Höchstleistungen auf und war immerhin in der Lage den Zentralstern im Ringnebel im ständigen Blick zu halten.


DSSII Bild von IC 4617 bei M13 im Herkules. Süden ist oben. Klick auf's Bild für eine größere Übersicht
Auch das berühmte M13- Begleit- Galaxiechen IC 4617 mit ca. 15-ter Größenklasse (auf halber Strecke zwischen Kugelhaufen und NGC 6207) habe ich dank DSS Foto (siehe Bild) im 4,8 mm Nagler neben einem kleinen Parallelogramm recht sicher mit indirektem sehen als längliche Linse mit zentraler Aufhellung gesehen. Ganz nebenbei hat einen M13 selbst natürlich auch mit 17,5 Zoll bei 400- fach von den Socken gehauen.
Nachdem ich die Socken wieder angezogen hatte zeigte der schöne Abell 72 (PK 59-18.1, siehe Bild) im Delphin mit OIII- Filter eine sehr große zart schimmernde Scheibe mit leichtem Ringansatz und gefrecktem Innenbereich.

Der riesengroße Abell 74 (PK 72-17.1) im Vulpecula blieb allerdings auch mit Augenverbiegen, tief Luft holen und Röntgenblick unsichtbar. Wer kennt das Teil? Im DSS ist auch nichts zu sehen. Gibt es den überhaupt? (Anm.: 4 Jahre später sollte ich ihn mit genauerer Aufsuchkarte im 24" erwischen, siehe hier).


DSSII Bild von Abell 72 im Delphin. Süden ist oben. Klick auf's Bild für eine größere Übersicht

Tagsüber mussten wir vom Parkplatz fliehen, denn da kamen scharenweise Terroristen aus allen möglichen Ländern raufgefahren. Stau, Lärm, stinkende Kupplungen durch das Stop and Go am Berg. Etwas komfortabler hätte man es auf der Hütte dort für DM 49,- pro Nase im Doppelzimmer mit Frühstück. Die dritte Nacht sollte nicht sein. Der Berg vertrieb uns mit Regen und Hagel.

Nun brüte ich hier umher, messe wieder Türbreiten und Fahrradfelgen aus... das "Projekt 24" im Hirn. Vielleicht geht es doch mit 2 Zoll Dicke, wenn sich schon keiner an einen 35mm dünnen Spiegel traut. Gibt es dünne Fangspiegel? Was wiegen Karbon Stangen? Was, der Dollar kostet heute 2,18 DM?

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